Verfolgungsjagd

Shownotes

Milada Marešová, eine junge Künstlerin aus Prag, setzt ihren Stift gegen die Gewalt des NS-Regimes ein. Mit mutigen Zeichnungen und Bildern trotzt sie der brutalen Diktatur, lässt ihre Kunst zur Stimme des Widerstands werden – auch wenn dieser Kampf sie ihr Leben kosten kann.

Ganz anders der Weg von Alfred Mammitzsch: Steinbrucharbeiter, Familienvater, ein Mann, der nur das Nötigste will. Doch als 1939 das Geld knapp wird, bricht er heimlich das Jagdverbot und zieht in den Wald – ein scheinbar kleiner Verstoß. Doch daraus wird mehr: Schritt für Schritt verstrickt sich Alfred in die dunkelsten Machenschaften des Regimes und landet in einer grausamen SS-Einheit.

Gedenkstätte Bautzen: www.gedenkstaette-bautzen.de Stiftung Sächsische Gedenkstätten: www.stsg.de

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00:00:00: Herzlich willkommen zu unserem Podcast Last in Bodischin.

00:00:03: Ich bin Vincent

00:00:04: und ich bin Emma.

00:00:05: In unserem Podcast sprechen wir über die Bautzener Gefängnisse und die Schicksale einzelner Heftlinge.

00:00:11: Noch ein ganz kleiner Disclaimer von uns.

00:00:14: Unsere Geschichten basieren ganz oft auf persönlichen Erzählungen von den Betroffenen und nicht immer aus historisch-neutraler Literatur.

00:00:23: Hallo und herzlich willkommen zu unserer ersten richtigen Podcastfolge.

00:00:30: Heute haben wir auch direkt mal beide ein Objekt dabei.

00:00:35: Ja, wenn ich so rüber gucke, wenn sie mir die sagen, fang du noch einfach mal an.

00:00:38: Was hast du mir hinter mitgebracht?

00:00:39: Ja, ich habe dir heute zwei Ausschnitte aus einem Zeichenbuch mitgebracht.

00:00:44: Die kannst du dir auch direkt mal angucken.

00:00:47: Und zwar sind das, wie du ja siehst, die wahrscheinlich zwei bekannte Orte.

00:00:53: Ja, habe ich auf jeden Fall schon mal so oder so ähnlich gesehen.

00:00:56: Genau, das sind nämlich zwei gezeichnete Zellen aus Bautzen.

00:01:01: Und die Künstlerin, die das gemalt hat, saß hier und heißt Milada Maryshova.

00:01:07: Sag dir der Name etwas?

00:01:08: Ja, also, da klingelt was, aber ich würde sagen, erzähl du mir mal nicht über die ganze Story.

00:01:13: Ja, deswegen, ich würde jetzt gar nicht lange rumquatschen, sondern direkt damit starten.

00:01:18: Ja, ich freue mich.

00:01:19: Gebore, eins in Prag.

00:01:22: Als Tochter eines renommierten Universitätsprofessors wuchs sie in einem bildungsbürgerlichen Haushalt auf.

00:01:28: Umgeben von Büchern, Ideen und Diskussionen.

00:01:31: Die Kunst wurde früh ihr Weg.

00:01:33: Sie studierte an den großen Prager Akademien, reiste für Studien nach Dresden, Berlin, Paris.

00:01:39: Die Welt war offen.

00:01:41: Ihre Zeichnungen erschienen in Kinderbüchern, auf Postkarten, in Zeitschriften.

00:01:45: Sie liebte das Erzählen mit Linien.

00:01:47: Dann kamen in den letzten Jahren.

00:01:49: Die Wehrmacht marschierte ein.

00:01:51: Die Tschechoslowakei wurde zerschlagen.

00:01:53: Die Prager Universitäten geschlossen.

00:01:56: Für Milada, die Tochter eines Hochschullehrers, war es ein Angriff auf alles, woran sie glaubte.

00:02:02: Bildung, Freiheit, Würde.

00:02:04: Also nahmen sie ihren Stift und stellte sich dem Regime entgegen.

00:02:08: Heimlich arbeitete sie für eine illegale Zeitschrift des tschechischen Widerstandes.

00:02:13: The Boy, in den Kampf.

00:02:15: Woche für Woche zeichnete sie Titelblätter.

00:02:18: Hitler mit verzerrten Gesicht.

00:02:20: Einen Wurzelter Baum durch dessen Wurzeln ein Hakenkreuz wucherte.

00:02:24: Ihre Karikaturen waren messerscharf.

00:02:27: Sie trafen ins Markt der Diktatur.

00:02:29: Doch die Gestapo war schneller als man hoffen konnte.

00:02:31: In den letzten Jahren wurde sie verhaftet.

00:02:35: Ihre Wohnung durchsucht, ihre Skizzen konfistiert.

00:02:38: Was folgte war ein Marsch durch die Maschinerie der NS.

00:02:41: Justiz.

00:02:42: Verhöre, Zellen, Angst.

00:02:44: Im Frühjahr in Prag wurde sie in ein deutsches Untersuchungsgefängnis verlegt.

00:02:51: Bautzen.

00:02:52: Ein Ort der politischen Willkür.

00:02:54: Auch unter den Nationalsozialisten.

00:02:56: Für Milada bedeutete das zwei Wochen in einer kalten Zelle.

00:03:01: Knöpfe auf Karton nähen.

00:03:03: Kein Papier, kein Stift.

00:03:05: Zumindest offiziell.

00:03:06: Manchmal gelang es hier etwas zu organisieren.

00:03:10: Sie zeichnete kleine Skizzen heimlich unter der Bettdecke, wenn niemand hin sah.

00:03:15: Vielleicht lag in diesen Momenten das einzige, was ihr Halt gab.

00:03:19: Der Gedanke, dass sie selbst in Innersten frei war.

00:03:23: Von Bautzen aus wurde sie weiterverlegt, in das Untersuchungsgefängnis Dresden.

00:03:28: Später ins Zuchthaus Waldheim, twohundundzwundvierzig, verurteilte der Volksgerichthof sie zu zwölf Jahren Zuchthaus.

00:03:36: Länger als ihre Mitangeklagten.

00:03:38: Begründung?

00:03:39: Ihre Zeichnungen hätten ein besonders aufreizenden Charakter.

00:03:44: Sie überlebte.

00:03:45: Am siebten Mai, nineteen fünfundvierzig, wurde das Zuchthaus Waldheim befreit.

00:03:50: Doch nach der Befreiung war nichts wie vorher.

00:03:52: Milada kehrte nach Prag zurück.

00:03:55: Sie schrieb ihre Erinnerung nieder.

00:03:57: Später erkrankte sie an Alzheimer.

00:03:59: Ihre letzten Jahre verbrachte sie im Haus ihres Neffen.

00:04:02: Sie starb, nineteen sieben achtzig.

00:04:05: Doch vielleicht lebte sie weiter in ihren Zeichnungen, in ihren Notizen.

00:04:09: Und in Erinnerungsorten wie dem, in dem wir heute sprechen, der Gedenkstätte Bautzen.

00:04:16: Ja, das war auf jeden Fall eine spannende Geschichte.

00:04:20: Wir quatschen jetzt auch gleich nochmal drüber.

00:04:22: Aber ich würde sagen, vorher zeige ich dir erstmal, was ich mitgebracht

00:04:25: habe.

00:04:25: Ja, zeig mal her.

00:04:26: Und zwar habe ich ein Fotoalbum mitgebracht von Alfred Mamich.

00:04:30: Und ich habe dir jetzt mal direkt eine Seite rauskopiert.

00:04:36: Auf den Fotos auf dieser Seite, wie auch fast im ganzen Fotoalbum eigentlich, sind Soldaten zu erkennen.

00:04:42: Und ich möchte, dass du mir jetzt einfach mal sagst, wie die so auf dich wirken.

00:04:48: Also das erste, was mir direkt auffällt, dass die alle sehr glücklich scheinen und auch irgendwie Spaß haben, wie ich hier so ein bisschen erkennen kann.

00:04:59: Ja, das ist das Erste, was mir so auffällt.

00:05:01: Ja, ist richtig, so dass erst was mir aufgefallen ist und das zieht sie auch eigentlich so durch das ganze Album.

00:05:08: Der Mann, der am meisten darauf zu erkennen ist, wie gesagt Alfred Mammut.

00:05:11: und hinter diesem Album und hinter diesem Mann steht eine echt dunkle Geschichte und die würde ich jetzt mal erzählen.

00:05:19: Ich bin gespannt.

00:05:20: Er war Mauer Lehrling, dann Steinbrucharbeiter, zwei Kinder, eine Frau.

00:05:26: wenig Geld.

00:05:27: Und manchmal, wenn der Hunger drückte und der Lohn nicht reichte und auch das Fleisch fehlte, dann nahmen er die Büchse und gingen in den Wald.

00:05:37: Alfred Mamich, geboren im sechsischen Zern, war ein wilderer, ein einfacher Mann, kein Held, aber auch kein Monster.

00:05:46: Nicht damals, nicht als er neunzehntneununddreißig ins Gefängnis kam.

00:05:51: Doch was dann geschah, ist ein Beispiel dafür, wie Armut, Opportunismus und Gewalt ein Weg in die dunkelsten Kapitel, der ein Esszeit führen konnte.

00:06:02: Im Januar neunzehntneununddreißig wird Alfred verhaftet.

00:06:06: Ohne Jagdschein, aber mit Gewehr hatte er wild geschossen.

00:06:09: In der Familie erzählt man später, sein Vater habe ihn dazu angestiftet.

00:06:14: Das Landgericht Dresden verurteilt ihn zu zwei Jahren Gefängnis.

00:06:18: Der Ort der Strafe, Bautzen.

00:06:20: Im Jahr ninehundertvierzig beschließt Adolf Hitler eine neue Art von Einheit zu schaffen.

00:06:25: Ein SS Sonderkommando, bestehend aus Wilddieben.

00:06:29: Männer, die mit der Büchse jagen können.

00:06:32: Männer, die sich angeblich durch Mut, Draufgängertum und Härte auszeichnen.

00:06:38: Perfekte Kämpfer für besonders brutale Einsätze.

00:06:42: Eine Bewährungseinheit.

00:06:44: Alfred Mammut ist einer von ihnen.

00:06:47: Im Mai, wird er aus dem Bauzner Gefängnis ins KZ Sachsenhausen überstellt.

00:06:53: Dort beginnt die Ausbildung für die Einheit, die bald einen Namen bekommen wird, der noch Jahrzehnte später für grauen steht.

00:07:00: Dürlewanger.

00:07:02: Ein Verband der SS, der nicht aus Überzeugungstättern besteht, sondern aus Kriminellen.

00:07:07: Menschen, die wie Alfred als asoziale eingestuft wurden.

00:07:11: Sie sollen töten, niederbrennen, Angst verbreiten.

00:07:15: Und das tun sie auch.

00:07:17: Wammit wird eingesetzt im besetzten Polen, später in Russland.

00:07:21: Er ist dabei als Dörfer niedergebrannt werden.

00:07:24: Er ist vermutlich Teil von Aktion Reinhardt, der Ermordung der polnischen Jüdinnen und Juden.

00:07:30: Fotos zeigen ihn in SS-Uniform neben einem Blumenstrauß.

00:07:35: Das hat eine Jüdin gemacht, erzählt er später seiner Tochter.

00:07:39: Ein Satz, der hängen bleibt.

00:07:41: In Warschau, in den letzten Jahren, erhebt sich die polnische Heimatarmee.

00:07:46: Die Dillewange Einheit wird zur Niederschlagung geschickt.

00:07:49: Es wird ein Massaker, Zehntausende Zivilisten sterben, und Alfred mittendrin.

00:07:56: Doch am Ende des Krieges trifft ihn kein Urteil.

00:07:59: Stattdessen, Beförderung, Orden.

00:08:02: Er wird Oberscharführer.

00:08:04: Seine Reststrafe erlassen und seine Akte getilgt.

00:08:09: Die Begründung?

00:08:10: Er habe sich tapfer geschlagen und jede ihm gestellte Aufgabe erfüllt.

00:08:15: Was für eine Wendung, von Gefängnisinsassen in Bautzen zum ausgezeichneten SS-Mann.

00:08:21: Doch der Krieg hinterletzt Spuren.

00:08:23: Mamich wird verletzt, Granatsplitter im Gesicht, ein Bein muss amputiert werden.

00:08:29: Er entgeht der Gefangenschaft, kommt als Invalide zurück.

00:08:33: Seine erste Frau stirbt, er heiratet neu, zieht nach Weinbölar bei Meißen.

00:08:39: Dort baut er Gemüse und Tabak an und schweigt.

00:08:43: In seiner Familie wird nie über den Krieg gesprochen.

00:08:46: Kein Wort über Sachsenhausen, keine Silbe über Dillewanger.

00:08:50: Nur einmal, neunzehnundzeinzechzig, als seine Tochter die Gedenkstätte Sachsenhausen besucht, sagt er, da war ich auch mehr nicht.

00:08:59: Der Rest bleibt ein schwarzes Loch in der Familiengeschichte.

00:09:05: Ja, also ich weiß jetzt gar nicht so richtig, was ich zu seiner Story sagen soll.

00:09:10: Also irgendwie fand ich die einfach nur düster.

00:09:12: Ja, absolut.

00:09:13: Das ist auch eine echt düstere Geschichte.

00:09:17: Aber wir wollen ja jetzt über beide Schicksale ein bisschen sprechen.

00:09:21: Und so das einzige, was die beiden ja verbindet, muss man sagen, ist ja Bautzen.

00:09:28: Ja, also obwohl sie ja aus zwei komplett unterschiedlichen Lebensrealitäten kommen, lassen sie fast auch noch zur selben Zeit in Bautzen.

00:09:38: Und das zeigt einfach vielleicht nochmal so, dass da... Menschen mit den unterschiedlichen Schicksalen.

00:09:46: Ja, und Hintergründen auch.

00:09:47: Ja, also so ist es ja in keiner anderen Zeit über die wir hier sprechen im Podcast gewesen, wie dort, dass Leute so verschiedene Hintergründe

00:10:02: hatten.

00:10:03: Auf jeden Fall.

00:10:05: Und ja, das, was ich so insgesamt krass fand, war einfach auch so... Das hat man ja, also das habe ich bei Marechowa gemerkt, dass sie sich so ihre Werte behalten konnte.

00:10:18: Ja.

00:10:19: Über die ganze Zeit, die sie saß.

00:10:21: Absolut.

00:10:22: Also ja schon, das hat ja schon angefangen mit der Zeit, bevor sie überhaupt inhaftiert worden ist.

00:10:28: Also ihr war ja das Risiko absolut bewusst.

00:10:32: Sie wusste ja, die Nazis kommen oder die Nazis sind sogar schon da und trotzdem hat sie weitergezeichnet.

00:10:39: Das finde ich schon sehr beeindruckend.

00:10:41: Ja, ist ehrlich krass.

00:10:42: Einfach dieses, ich weiß, dass ich was machen muss oder dass jemand was machen muss.

00:10:47: Und das bin jetzt einfach ich.

00:10:49: Also auch sich auf niemanden auszuruhen.

00:10:52: Ja.

00:10:53: Also das ist ja auch normal.

00:10:54: Also sie war ja davor auch Kinderbuch-Illustratoren.

00:10:59: Und den Schritt dann dazu zu wagen, ich mache jetzt Karikaturen gegen das NS-Regime.

00:11:05: Ja.

00:11:06: Die... unheimlich krasse Folgen für mich haben können, die ich irgendwie noch nebenbei machen muss, neben ihrer normalen Arbeit.

00:11:15: Das ist schon krass.

00:11:16: Und dann noch, dass sie von der Gestapo verfolgt wird.

00:11:19: Also dieser psychische Druck, der auf ihr gelastet hat, den kann man sich und will man sich gar nicht vorstellen.

00:11:25: Ja, auf jeden Fall.

00:11:27: Was ich aber auch spannend finde, ist, dass das Zeichnen oder Malen für sie ja... nicht einfach so ein Ding gewesen ist.

00:11:34: Also einfach so, ich mach das jetzt, weil ich es kann.

00:11:37: Sondern ich glaube, das ist wirklich eine Art für sie gewesen, ihre Gefühle auszudrücken und ihre Emotionen, weil sie das ja dann auch illegal, sag ich mal, in Haft weitergemacht hat.

00:11:50: Ja, das finde ich, dass das so durchgeht durch ihre ganze Geschichte, die du auch erzählt hast, das macht das irgendwie so ... so ehrlich.

00:12:00: Ich weiß nicht.

00:12:01: Also ... Ich find halt, gerade wenn man so wie bei das Zeichnern spricht, also ich mal auch gerne beziehungsweise Zeichner auch gerne und das ist einfach so ein irgendwie ein Ventil dafür seine Emotionen zu verarbeiten.

00:12:15: Und ich glaube so was, wie ich ja vorhin's schon erzählt habe, ist das einfach so das einzige woran sie sich so festhalten konnte in dieser Zeit.

00:12:25: Also das hat sie ja aus ihrem normalen Leben mitgenommen.

00:12:30: ... in die Haftzeit und ... ... ich glaube so ... ... so viel Schlimmes wieder passiert, ... ... da brauchst du so was einfach, ... ... sonst tickst du ... ... einfach nicht mehr ... ... ganz richtig danach.

00:12:41: Ja.

00:12:42: Ja, das auf der einen Seite, ... ... also das für sich selber zu machen, ... ... aber ich weiß nicht, ob ihr das ... ... zu dem Zeitpunkt bewusst war oder nicht, ... ... aber dass ihr das ja auch ... ... sozusagen für die Nachwelt macht.

00:12:51: Auf jeden Fall.

00:12:52: Weil, also ... ... ich bin ja jetzt nicht so ... ... kunstinteressiert wie du.

00:12:58: Aber wenn ich so durch so ein Museum oder eine Gedenkstätte oder was auch immer laufe oder mich zu Sachen informiere und dort Bilder sind, dann kann ich mich immer ein bisschen besser irgendwie gerade in den Ort oder die Situation reinversetzen.

00:13:18: Also wenn ich jetzt zum Beispiel hier diese Zelle sehe.

00:13:22: Denn ist das für mich einfacher, mir vorzustellen, okay, so hat Milana Marichoba das damals gesehen, als wenn ich jetzt in der Gedenkstätte stehe und mir einen Clubtext dazu angucke, der erst Jahre später von irgendjemandem geschrieben wurde.

00:13:36: Deswegen finde ich auch dieser Art von Quelle so wichtig.

00:13:43: Und wie gesagt, ich weiß nicht, ob ihr das bewusst war, aber sie hat damit wirklich einen großen Teil zu dieser... Aufarbeitung beigetragen, würde ich sagen.

00:13:53: Ja, also ich finde das auch genauso wie du gesagt hast.

00:13:57: Ich finde das einfach so in so einen Klapptext oder in irgendeinem stehlen Text kann man nicht das reinpacken, was man gesehen hat, was Marischowa gesehen hat.

00:14:09: Und gerade bei dieser Zeichnung, also da achtet man ja dann auch drauf, was ist so hell, was ist dunkel und das hat sie auch bewusst gemacht beziehungsweise vielleicht auch unbewusst.

00:14:19: was ihr gerade eben so wichtig war.

00:14:20: und ja also sie betont ja hier auch in den in den bildern sachen die wahrscheinlich dann in der zeit für sie einprägend waren und ja also ist einfach ich finde viel emotionalere und viel ja bessere sicht vielleicht darauf wie das damals war oder beziehungsweise für sie eben war weil man eben quasi durch ihre augen

00:14:46: schaut.

00:14:46: ja auf jeden fall

00:14:48: Ja, jetzt werde ich zu dem Fotoalbum von Mammitch.

00:14:50: Also, ich finde, das zeigt ja auch noch mal so im Gegensatz zu dem Zeichnungen von Marie Chauva.

00:14:56: So die Unterschiede zwischen den beiden.

00:14:58: Ja, auf jeden Fall.

00:14:59: Ich finde, dass die Fotos von Mammitch, wir hatten ja eben schon beschrieben, wie die Männer darauf aussehen.

00:15:06: Es war glücklich, zufrieden.

00:15:09: Die machen genau das, was Mammitch selber macht, also verdrängen.

00:15:13: Die zeigen... die zeigen nicht, wie brutal und schlimm das war, was da abgelaufen ist, sondern die zeigen eine ganz andere Realität.

00:15:23: Ja, also ich finde ja vor allem dieses eine Bild mit dem Soldaten vor der Brennandscheune ziemlich krass oder am krassesten, weil das ja irgendwie so surreal auch wirkt.

00:15:34: Also ich finde dieser Soldat gut an der Kleidung erkennt man es, aber wie er so da steht eigentlich ganz normal so und hat irgendwie gar... Also gar nichts damit zu tun.

00:15:45: Aber im Hintergrund brennt da eben so eine Scheune ab und...

00:15:49: Ja, dieses sich davon distanzieren.

00:15:51: Ja,

00:15:51: eben.

00:15:52: Ja, ich finde auch, dass die Bilder, also da kann man viel reininterpretieren, finde ich.

00:15:56: Dafür muss man aber auch wissen, was dahinter steht.

00:16:00: Man muss die Story halt kennen, weil sonst wirkt das ja absolut nicht wie eine der schlimmsten SS-Einheiten, die es gab, was ich auch nochmal betonen will.

00:16:11: dass diese Dillewange-Einheit wirklich eine der schlimmsten war.

00:16:16: Aber jetzt vielleicht noch mal ein bisschen zu mummelt.

00:16:20: Ich finde, dass, wie er damit umgegangen ist, also einfach, das habe ich gänsehaut.

00:16:28: Ja, also ich denke halt direkt vorhin, wo du das erzählt hast, mit dem, als er seiner Tochter gesagt hat, Also, die haben ja über Sachsenhausen geredet und er sagt dann einfach, ja, da war ich auch schon mal, weißt du, auch so irgendwie sich so selber in die Opferrolle stellen, obwohl er Täter war.

00:16:47: Ja, obwohl er komplett auf der anderen Seite stand.

00:16:50: Das ist halt, das finde ich auch krass.

00:16:52: Also, zu sagen, ich war da auch, wenn dir jemand sagen würde, ich war da, dann würdest du ja nicht daran necken, ja, ich war da, um für die schlimmste SS-Einheit oder eine der schlimmsten SS-Einheiten ausgebildet zu werden.

00:17:05: So.

00:17:06: da kein Wort drüber zu verlieren, also, dass da irgendwie niemand wirklich drüber Bescheid weiß, weil er nichts erzählt, finde ich krass.

00:17:15: Und da frage ich mich, wie man als Mensch damit also umgehen kann.

00:17:21: Weißt du, was ich meine?

00:17:23: Du hast ja grad schon eben über dieses, dass die so eine fröhliche Zeit und so was hatten.

00:17:30: Ich glaube, so dieser menschliche Kopf, der kann irgendwann gar nicht mehr diese ganzen schlimmen Sachen ... so verarbeiten und dann schaltest du ab.

00:17:39: Also es sei jetzt ja nicht irgendwie so klingen als wäre das deswegen gerechtfertigt oder sowas.

00:17:45: Aber so hat ja auch diese NS-Maschinerie funktioniert, dass die einfach nur noch den Kopf ausgeschalten haben, nicht mehr darüber nachgedacht haben und dann einfach nur noch Schnurrstrax, das was dir vorgegeben wurde, gemacht haben.

00:18:02: Ja, das ist die eine Sache.

00:18:04: Aber die andere Sache, glaube ich, auch einfach dieser Zuspruch.

00:18:08: Du bist die ganze Zeit mit Leuten, die das alles mit dir machen.

00:18:11: Ihr heizt euch sozusagen gegenseitig auf.

00:18:16: Das ist gut, was wir machen.

00:18:17: Das ist eine Gemeinschaft, wir tun hier was für unser Vaterland und so weiter.

00:18:22: Ich glaube, dass das auch ganz viel da reinspielt.

00:18:25: Also dieses Untereinander hochpuschen.

00:18:29: Und er hat ja absolut keinen... keine Schuld bei sich gesehen.

00:18:35: Er hat ja dann auch irgendwelche Orden bekommen, keine Ahnung was.

00:18:38: Und das finde ich, also wie man, er hatte, war ja am Anfang, ein armer Mann, sag ich jetzt mal hier in Anführungsstrichen.

00:18:47: Also, er hat zwei Kinder gehabt, eine Frau war wild an, um halt was zu essen zu besorgen.

00:18:53: Ja, das

00:18:53: war knapp, oder?

00:18:54: Ja, und dann ist es ja auch nicht gewesen, du wirst jetzt gezwungen, in so eine S-Einheit einzutreten, sondern du ... ... kannst du auch einfach deinen Gefängnisstraf absitzen.

00:19:02: Nein, mach ich nicht, ich mach das.

00:19:04: Und dann da rein und sich dann da so ... ... ich will nicht sagen geil zu fühlen, ... ... aber schon ja.

00:19:12: Er sich

00:19:12: auch so daran so zu etablieren und ... ... also er hat ja dann für ... ... was war das?

00:19:18: Er hat auf jeden Fall Orden bekommen ...

00:19:19: ...

00:19:20: und das zeigt ja auch noch mal, ... ... dass er da auch wirklich ... ... auch engagiert drinne war.

00:19:24: Ja, obwohl er selber eigentlich von diesem ... ... System, er saß ja vorher im Gefängnis, ... ... weil er ja ... Es war ihm ja eigentlich egal.

00:19:32: Es war ja nicht, als würde er sagen, oh Gott, mein Vaterland und mein Führer, und ich muss da alles für tun, sondern er hat sich ja dem Gesetz widersetzt,

00:19:44: sozusagen,

00:19:44: schon vorher.

00:19:45: Und dann hat er sich da so untergeordnet, und das finde ich einfach gruselig.

00:19:52: Ja, macht er noch irgendwie sprachlos, so.

00:19:55: Ja.

00:19:56: Das, ich finde, diese ganze Geschichte macht mich sprachlos.

00:20:00: über diesen Umgang danach, wie gesagt, da kein Wort darüber zu verlieren.

00:20:05: Und ich glaube auch nicht, dass er das nicht nur, also dass er da nicht darüber gesprochen hat, weil er wusste, wie schlimm das ist, sondern vielleicht, weil er das auch selber einfach gar nicht...

00:20:16: auch so wahrgenommen hat.

00:20:17: Ja,

00:20:17: ja, genau.

00:20:19: Einfach

00:20:20: krass.

00:20:21: Ja.

00:20:21: Also da vielleicht auch jetzt nochmal an alle so, die das jetzt hören, vielleicht nochmal den Aufruf, so den... die Familiengeschichte einfach mal nachzuvollziehen und auch mal zu gucken, was hat denn mein Großharter, mein Urgroßharter in dieser Zeit gemacht?

00:20:41: Ja.

00:20:43: Und dann, also weil solche Geschichten dürfen wir einfach nicht vergessen werden.

00:20:46: Ja, auch wenn das den Leuten damals sehr lieb gewesen wäre, wie wir beim Amelscher sehen, dass man da einfach nie wieder drüber spricht und dass das in der Vergangenheit bleibt.

00:20:55: Ich glaube, bei manchen Menschen ist es einfach so, dass wenn sie einen persönlichen Bezug dazu finden oder haben, dass es für die dann nochmal eine wichtige Rolle spielt und die sich das da vielleicht ein bisschen klarer machen können.

00:21:09: Deswegen ein Appell von uns informiert euch mal ein bisschen.

00:21:15: Genau.

00:21:16: Und da würde ich jetzt sagen, wir haben jetzt schon relativ viel gesprochen, dass wir da zum Ende kommen und... Ich wünsche euch einen schönen Tag noch.

00:21:28: Ja.

00:21:29: Ich hoffe euch hat die Folge gefallen und wir hören uns dann beim nächsten Mal.

00:21:33: Genau.

00:21:33: Bis dann.

00:21:34: Tschüss.

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